Gutes Licht
Was ist „gutes Licht“? Hat gutes Licht allein einen technischen und ästhetischen Aspekt? Oder gibt es einen Tellerrand, über den man schauen kann?
Die Leuchtdiode ist ziemlich dabei, unser Leben zu verändern. Also kann es nicht schaden heraus zu finden, wo wir hin wollen. Es ist ein guter Zeitpunkt zu hinterfragen, was wir von Licht, respektive Beleuchtung erwarten und nicht einfach das Alte durch das Neue zu ersetzen. Wir sollten die Fehler vermeiden, wie sie z.B. bei dem Elektroauto gemacht werden: Autos zu produzieren, ohne sich vorher Gedanken über die Infrastruktur zu machen. So verbrennt man Energie und Geld.
Wer ist „wir“, wen spreche ich an? Dazu werde ich kurz philosophisch, weil man für wichtige, grundlegende Entscheidungen etwas ausholen muss. Mit „wir“ meine ich uns, den Menschen, den homo sapiens, das Wissende, zur Reflexion fähige Wesen. Denn diese Reflexion, diese Erkenntnis werden wir brauchen.
„Wir“ sind aber auch wir Alle, alle Menschen. Und ich meine uns Lichtmenschen, die sich tagtäglich mit der Planung und Umsetzung von Lichtprojekten beschäftigen.
Was hat das mit Licht zu tun? LuzLicht entwirft und realisiert seit 10 Jahren Beleuchtungsprojekte. Wie groß die Projekte aber auch waren, so waren und sind es trotzdem immer nur Teilaspekte. Es waren Projekte für den Einzelnen, einen einzelnen Menschen, ein einzelnes Haus oder einen einzelnen Komplex. So machen es alle Kollegen, auch sie haben immer nur Teilaufgabe.
Die Zunft der Lichtmacher bringt Licht in Räume, damit die Menschen, die darin wohnen und arbeiten, sich wohl fühlen, kurz die Ästhetik des Lichts.
In neuerer Zeit ist die Komponente der Energieeffizienz hinzugekommen, die sich nicht immer gut mit der Ästhetik verträgt. Energiesparende Leuchtmittel wie Leuchtdioden kommen zum Einsatz, Bewegungsmelder und Helligkeitssensoren, die Leuchten herunterdimmen, wenn die Sonne scheint.
Alles gut. Trotzdem finde die Sichtweise der Teilaufgaben falsch. Jeder tut seine Arbeit ohne eine Verbindung zum Ganzen, zum „Wir“ zu haben.
Damit komme ich zu der Ausgangsfrage zurück: Was ist gutes Licht? Ich habe die Ästhetik des Lichts angesprochen, die Lichtmacher antreibt. Die Leuchtdiode macht es einfach, Lichtszenerien zu entwerfen, die sich einem persönlichen Wohlempfinden anpassen, oder auf einen circadianen Lebensrhythmus Rücksicht nimmt.
Das ist aber immer das „Ich“,
- das sich morgens mit heller werdendem Tageslicht wecken lässt
- das an der Haustür mit Licht empfangen wird, das die Lichtschranke eingeschaltet hat und
- das sich abends von warmweißem Licht streicheln lässt, das punktuell von weißen Lesespots aufgehellt wird.
Das „Ich“ hat Verantwortung für sich, für seine Gesundheit, für seine gute Laune. Das „Ich“ tut alles für sich, um zu überleben und gut zu leben. Aber gibt es das „Ich“ ohne die Anderen? Kann es ohne sie sein?
Das „Ich“ begegnet dem „kleinen Wir“ in Büros, Warteräumen, auf Versammlungen und in Bus und Bahn. Es ist der Raum der möglichen Kommunikation, des Gesprächs, der Nähe, früher gern mit Rasterdeckenleuchten beleuchtet. Der bessere Lichtplaner mischt heute indirektes Licht mit Lichtinseln, damit das Auge und der Geist sich beruhigen können. Dies nenne ich das „kleine Wir“.
In Büros und sonstigen Arbeitsstätten kommt dem Licht die Verantwortung zu, die Leute bei Laune zu halten; das ist der wirtschaftliche Aspekt. Das „kleine Wir“ ist aber auch die analoge, die gleichartige Verlängerung des privaten, des individuellen Raums. Das „kleine Wir“ hat eine ähnliche Verantwortung zu sich wie das „Ich“: Gesundheit und Wohlempfinden. Im Unterschied zu dem „Ich“ weiß aber beim „kleinen Wir“ nur der Lichtplaner, dass diese Verantwortung besteht. Die Nutzer haben meist ein passives, faktisches Verhältnis zu dem Raum, der Betreiber der Räume will eher eine effektive Beleuchtung, die nichts kostet.
Das „große Wir“ taucht noch in keiner Lichtplanung auf, zumindest nicht unter dem Aspekt der Kontinuität, der durchgängigen Verbindung zum „Ich“. Natürlich sind die Straßen beleuchtet, aber eher unter dem Aspekt der Sicherheit. Bei den meisten Städten, die ich kenne, sehe ich kein Konzept, wie die sekundäre Beleuchtung von Fassaden, Bauwerken und Werbung mit eingebunden wäre. Hier ist Wildwuchs angesagt und jeder macht mehr oder weniger, was ihm gefällt.
Ich erinnere an meine Frage nach „gutem Licht“. Dazu komme ich noch einmal philosophisch: Wenn das „Ich“ Verantwortung für sich hat, hat es diese auch für das „Wir“? Ist das „Ich“ für die Gesundheit des „Wir“ verantwortlich, für sein Wohlempfinden, für sein Glück?
Wenn es so ist, was heißt das für die Lichtmacher? Kann man eine direkte Verbindung ziehen von dem „Ich“, der individuellen Lichtplanung, zu dem kleinen und großen „Wir“? Kann man einen Menschen auf dem Weg von seinem Zuhause zu seiner Arbeit, oder allgemeiner zu seinem Ziel mit Licht begleiten? Unter welchem Aspekt würde man das tun?
- Seiner Gesundheit?
- Der Erhaltung seiner Arbeitskraft?
- Der Orientierung?
Und: Wer soll es machen? Was ist die Leitlinie, die dabei eingehalten werden sollte? Denn es gibt so viele unterschiedliche Menschen, die sehr unterschiedliche Bedürfnisse haben. Auf alle Fälle glaube ich, dass künstliches Licht viel mehr ist als technisches und ästhetisches Licht. Vielleicht geht es Euch/Ihnen genauso.
Eines möchte ich noch erwähnen:
Der wirksamste Kampf gegen Krieg ist gute Bildung. In den unterentwickelten Ländern spielt Licht dafür eine entscheidende Rolle. Es ist ein langsamer und mühseliger Weg. Aber die Investition lohnt sich.
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